Donnerstag, 8. September 2016

Don't trust the girls - Wie der Feminismus sich selber frisst

Eine Demonstration.
Keinen Plan, aber "erstmal machen".

Heute Abend ist er wieder ein bisschen gestorben: mein Glaube, dass das mit dem Feminismus hierzulande noch etwas wird. Der Anlass war so bezeichnend, dass ich ihn hier beschreiben möchte.

Alles begann damit, dass Mode-PR Dame Melodie Michelberger ihre Social Media-Posts mit dem Hashtag #trustthegirls versah. Das fand sie irgendwie feministisch und daher gibt es jetzt ein Online-Magazin für Girls und natürlich auch ein paar Boys, zu dessen Launch ins Island in Hamburg geladen wurde. So weit so inhaltslos.

Der Launch war gleichzeitig eine Podiumsdiskussion, bei der darüber diskutiert werden sollte, ob Feminismus heute noch... naja und so.
Hochkarätig besetzt mit so unterschiedlichen Feministinnen wie Teresa Bücker und Kübra Gümüsay hoffte ich, mehr zu erfahren. Ich hätte es besser wissen müssen.

Als ich ankam, war bereits kein Platz mehr leer, auch vor dem Island standen viele Menschen, vor allem natürlich: Frauen. Und das an einem der raren lauen Hamburger Sommerabende. Die Erwartung war groß. Also jede einzelne Erwartung jeder einzelnen Frau, die da saß, stand und schwitzte.

Viel Lärm um gar nichts.
 
Wer nun wie ich erwartete, zu erfahren, was hinter dem Hashtag steht, wen er meint, wie genau diese neue Gemeinschaft aussehen soll, wurde enttäuscht.
In der ersten halben Stunde wurde ausschließlich darüber geredet, wie man das denn fände, wenn H&M T-Shirts mit feministischen Aufdrucken verkaufe. Wo doch die Arbeitsbedingungen bei denen so schlecht wären und die mit ihrer neoliberalen Haltung gar nicht hinter den feministischen Lösungsansätzen ständen. Wirklich, eine halbe Stunde. Alle auf dem Podium waren sich einig, alle im Publikum gelangweilt und ich fragte mich langsam, warum ich hier überhaupt saß.

Auf die direkte Frage, welche konkreten Lösungsansätze und Inhalte denn hinter dem Label #trustthegirls ständen, hatte Michelberger keine Antwort. Als sich in dem Moment auch noch ein Buchstabe aus dem Schriftzug über der Bühne löste, war die Blamage in meinen Augen perfekt. Doch es kam noch schlimmer.

Als Fragen aus dem Publikum zugelassen waren, wurde die allgemeine Ratlosigkeit auf dem Podium noch offenbarer. Das Auditorium, im weiten Spektrum von antikaptalistischer Studiengruppe bis trendy Fashionistas, war nicht happy. Wie auch.

"Warum denn kein Mann/ Sozialhilfeempfänger /Nicht-Akademiker eingeladen worden sei?"
"Ob sie nicht mal normal sprechen können, so dass man sie auch verstehen könne?"
"Warum denn immer nach Männern geschrien werde, die hätten ihre eigenen Podien?"
"Ob denn die Männer nicht auch vom Feminismus profitieren könnten, denn sie litten ja auch so unter dem Kapitalismus."
Die tapfere Frau Schunck.

Kompliment an die souveräne Anna Schunck, die diese eklatanten Widersprüche und den Wust von unterschiedlichen Ansprüchen mehr oder weniger elegant wegmoderierte.

Als am Ende eine Frau aus dem Publikum eine sentimentale "Wir sind doch alle Schwestern"-Hymne von sich gab (Hashtag Sisterhood), waren alle total gerührt und die Frau wurde von Frau Michelberger gebeten, das doch bitte aufzuschreiben. Die meinte jedoch nur, sie könne nicht schreiben.


Fazit: Bei so halbgaren Konzepten, die im Crémant-Rausch mit der Peergroup auf irgendwelchen Dächern entstehen, lieber noch mal die Frage nach den Inhalten stellen, die man doch bei anderen so schnell parat hat.
 
Learning: Frauen sind nicht alle Schwestern. Wir sind eher wie lauter Einzelkinder.


Samstag, 5. März 2016

Freundschaft unmöglich, zwischen uns beiden.

Bild:Flickr













Mein Verständnis ist alle.
Ich weiß nicht, wie es kam, aber plötzlich war es leer.
Vielleicht hat die über Jahre angestaute Wut es einfach aufgefressen.


Ich rede von Freundinnen, die nun Mütter sind.
Ich rede von Freundinnen, die sich so nennen, aber nichts dafür tun.
Auch mal was, das wehtut oder auch einfach nur unbequem ist.
Mir einmal die oberste Priorität einräumen, vor den Kindern, vor dem Mann, vor den Eltern.

Nur mir, der alten, übrig gebliebenen Freundin.
Das erwarte ich. Drunter mach ich's nicht mehr.


Dass man die in den ersten Jahren vergessen kann: gekauft.

Aber nach drei Jahren immernoch? Wenn sich zum ersten Kind das zweite gesellt hat oder auch nicht, ein neuer Mann, kein Mann, ein Job, gar kein Job - egal: Diese Freundinnen haben einfach nie mehr Zeit.

Und wir, die Übriggebliebenen, passen uns an.
Willigen in Telefon-Dates ein, in denen man sein eigenes Wort nicht mehr versteht, weil Eugenia und Torge mit dem Aufmerksamkeits-Shift nicht klarkommen und das durch lautes Schreien kundtun.

Nach einigen Versuchen, die Kinder friedlich zu stimmen, geben beide Seiten irgendwann entnervt auf. Ich habe ein schlechtes Gewissen und auch die Mütter scheinen bleibende Traumata zu befürchten.

Oder die Male, in denen man sein doch eher komplexes Gefühlsleben einer Mutterfreundin im Café erläutern will.
Nur unterbrochen von "Maaaamaaaa spielen"-Forderungen, auf die natürlich IMMER eingegangen wird.
Ich hab keine Lust mehr.

Was mich zu einem weiteren Problem bringt: als Übriggebliebene wird man immer "dazwischengeschoben". Zwischen Playdate und Wochenendeinkauf. Zwischen Gitarrenkurs und Pilates. Zwischen Feierabend und Candlelight-Dinner. So als sei man einen eigenen Termin nicht mehr wert.

Ein weiterer Tiefpunkt meiner Mutterfreundinnen-Erfahrungen war ein Kurztrip mit einer Studienfreundin inklusive zwei Kleinkindern nach Paris, während dem ich KEIN und ich betone KEIN einziges persönliches Wort mit meiner Freundin gewechselt habe.
Die legte sich jeden Abend um zwanzig Uhr mit ihren Kindern schlafen und ich konnte alleine um die Häuser ziehen. Dafür kenne ich nun alle Indoor-und Outdoor-Kinderbespaßungsmöglichkeiten der französischen Metropole. Würde ich das nochmal machen?
Non merci.

Oder das eine Mal, als ich bei einer Übermutter-Freundin zum Frühstück mit ihrer kleinen Tochter eingeladen war und die Dreijährige gefragt wurde, ob ich etwas Schoko-Aufstrich haben könnte. Als diese verneinte, hieß es: "Heute gibt es leider kein Nutella für dich."
Na danke.

Über kurz oder lang ist einfach jede Freundschaft, bei der Kinder ins Spiel kamen, entweder eingeschlafen oder zerbrochen.

Vielleicht ist das so. Vielleicht ist das der Lauf der Dinge.
Vielleicht sollten Mütter nur mit Müttern befreundet sein, Singles nur mit Singles und so weiter.

Ich habe jedenfalls keinen Bock mehr, in Kinder-Cafés und auf Spielplätze gehen zu müssen, nur um mal mit meinen Freundinnen reden zu können.
Vielleicht haben die ja wieder Zeit, wenn die Kinder aus dem Haus sind. Dann bin ich aber schon längst weg.